Die allerwichtigste Lehrerin

Die allerwichtigste Lehrerin


Von Sylvia Wörgetter am 9. Sep 2011 um 19:08 verfasst in Aktuell, Salzburger Nachrichten

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Leiterin der Lokalredaktion der Salzburger Nachrichten

Die Volksschullehrerin stellt entscheidende Weichen. Wertschätzung erfährt sie dafür nicht. Es gehört Idealismus dazu, um unter den herrschenden Bedingungen den Beruf zu wählen.
Tausende Mädchen und Buben in Salzburg fiebern an diesem Wochenende ihrem ersten Schultag entgegen. Am Montag werden sie zum ersten Mal in einer Klasse sitzen - und ihrer Volksschullehrerin gegenüber.
Von ihr soll hier die Rede sein. Und deshalb ausschließlich in der weiblichen Form, weil in den Volksschulen fast nur Frauen unterrichten.
Die Volksschullehrerinnen stehen am Anfang aller Schulkarrieren. Die Erfahrung, die Kinder mit ihrer ersten Pädagogin machen, ist prägend. Diese Erfahrung kann ausschlaggebend dafür sein, ob sie Lernen in den folgenden Jahren als Lust oder Last empfinden, ob ihre Schullaufbahn zu einer Erfolgsstory wird oder zu einer Serie von Niederlagen.
Wer in der Volksschule nicht lesen, schreiben und rechnen lernt, lernt es wahrscheinlich auch später nie mehr richtig. Und wer in den ersten Schuljahren nicht lernt, wie man richtig lernt, wird möglicherweise ein Leben lang Schwierigkeiten haben, sich einen Stoff methodisch zu erarbeiten.
Die Noten, die die Lehrerin am Ende der vierten Klasse verteilt, stellen die Weichen für den weiteren Bildungsverlauf - entweder in eine höhere Schule, eine gemeinsame Mittelschule oder eine Hauptschule.
Die Lehrerin in der Volksschule ist die erste im Schulsystem, die  Talente entdecken und fördern sowie Defizite ausgleichen kann. Sie ist die erste und allzu oft auch die einzige Bildungsberaterin, die Eltern und Kindern zur Seite steht.
In den Volksschulen stellt sich - nach dem Kindergarten - massiv die Frage der Integration von Kindern, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, von Kindern, die aus unterschiedlichen Kulturen und Wertewelten kommen. Es ist schwierig genug, Kinder zu unterrichten, die dem Unterricht sprachlich nicht folgen können. Noch schwieriger ist es, für einen sozialen Ausgleich in der Klasse zu sorgen.
Im Alter zwischen sechs und zehn Jahren orientieren sich Kinder noch an erwachsenen Vorbildern. Die Volksschullehrerin ist ein solches. Sie kann Toleranz gegenüber anderen vorleben und Stolz auf die Rechte und Freiheiten, die eine Demokratie ausmachen. Im Idealfall ist die Volksschullehrerin somit die erste Pädagogin, die altersgerecht politische Bildung vermittelt und unter Landeskunde mehr versteht als Ausflüge auf die Festung und zum Dom.
Genau betrachtet ist die Volksschullehrerin die wichtigste Lehrerin von allen. Trotzdem ist sie die am wenigsten wertgeschätzte.
Die Politik macht sich nicht wirklich für eine Aufwertung ihrer Tätigkeit stark.
Die ansonsten so mächtige Lehrergewerkschaft legt sich nicht für ihre Anliegen ins Zeug.
In fast allen Ländern Europas werden Volksschullehrerinnen an Universitäten ausgebildet und entsprechend bezahlt. In Österreich verdienen sie - verglichen mit anderem Lehrpersonal - einen Bettel, der in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung steht. Und der Verdacht ist nicht so abwegig, dass das so ist, eben weil der Beruf hauptsächlich von Frauen ausgeübt wird.
Es gehört schon eine Portion  Idealismus und Liebe zu Kindern dazu, um unter diesen Bedingungen den Beruf zu ergreifen.

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Volksschule Ellmau
Kirchplatz 13
A-6352 Ellmau/Tirol
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